Organisationsentwicklung

Prozessleitbilder bei der Organisationsentwicklung

5. Bedeutung für die Praxis und eigene Bewertung

Die vorliegende Typologie von unterschiedlichen Prozessleitbildern, die aus den Daten und Erfahrungen, die während des RAMONA-Projekts gemacht wurden, entwickelt wurde, ist die erste ihrer Art. Sie stellt einen völlig neuen Aspekt dar, der den Erfolg von Veränderungsvorhaben und Innovationsprojekten entscheidend beeinflusst und zuvor nicht bedacht wurde.
Die wenigsten Umstrukturierungsprozesse laufen so ab, wie es vorher geplant oder vermutet wurde. Vielmehr noch, schon bei den ersten Überlegungen verschiedener Beteiligter der Organisation, die nicht die gleichen Vorstellungen bzw. Prozessleitbilder haben, kommt es zu schwierigen Debatten, Meinungsverschiedenheiten und Einigungsproblemen. Oft scheint es schon bei der Verständigung zu scheitern. Die Überzeugungen über die fachliche, sowie die personalwirtschaftliche, organisationswirtschaftliche und markwirtschaftliche Komponente eines Veränderungsprozesses sind zum Teil grundlegend verschieden. Insofern ist das Aufzeigen dieser Unterschiedlichkeiten und Differenzen in Einstellungen und Sichtweisen, die durch diese Typologie möglich ist, äußerst sinnvoll. Dies betrifft nicht nur Veränderungsvorhaben, sondern schon das Verständnis von ersten Problemen, die in Organisationen auftauchen können.
In einigen Merkmalen gibt es, trotz unterschiedlicher Prozessleitbilder, durchaus Übereinstimmungen. So lässt sich, zum Beispiel, das Modell des OE/PE-Beraters gut mit dem Arbeitsgestalterleitbild vereinbaren, auch wenn die beiden längst nicht in allen Charakteristiken kongruent sind. Gemeinsam ist den beiden Leitbildern, dass sie sich, während des RAMONA-Projekts, als die modernsten und hilfreichsten heraus stellten. Einschränkend bleibt zu sagen, dass es theoriegeleitete Berater-Modelle sind, die bis jetzt selten umgesetzt werden konnten.

Wie bereits erwähnt, und auch von den Autoren selbst angemerkt, stellt diese Typologie nur einen ersten Ansatz dar. Auch wenn die einzelnen Leitbilder nicht eindeutig voneinander abgrenzbar sind und sich zum Teil überschneiden, ist die Herleitung plausibel und auch für Laien nachvollziehbar. Als vorläufige Aufstellung sollte sie in weiteren Untersuchungen überprüft werden.
Die Typologie kann, wie bereits gesagt, dazu genutzt werden, sich die Ausgangspositionen, der Beteiligten eines Veränderungsprozesses, bewusst zu machen, um so mit auftretenden Schwierigkeiten besser umgehen zu können. Gegenseitiges Verständnis und Chancen auf Einigung könnten, durch Einsicht in das Leitbild anderer Beteiligter, erhöht werden. Auch können so Vor- und Nachteile, Stärken und Schwächen, die jedes Leitbild ohne Zweifel besitzt, verdeutlichen, warum und wo sie ihre Legitimation finden. Jedes Leitbild ist in bestimmten Situationen und bei bestimmten Veränderungsgegenständen angemessen. Bei jeder Art von Diskussion, Verhandlung oder Projektbesprechung ist es von Bedeutung, die Motive und Entscheidungs- oder Verhaltensgründe der„Gegenseite“ zu kennen und zu verstehen.
Des Weiteren kann man mit Hilfe der Prozessleitbilder bei der Planung eines Innovationsvorhabens mögliche Fehlerquellen und Schwierigkeiten, die im Laufe des Prozesses entstehen können, antizipieren und ihnen, - wenn möglich-,vorbeugen.

Bisher ist die Typologie jedoch erst ein nicht bestätigtes Modell und bietet keine explizite Implikation für die Praxis. Nun müssen Methoden und Lösungsansätze entwickelt werden, um die verschiedenen Prozessleitbilder so zu modellieren oder organisieren, dass starke Differenzen, die eine erfolgreiche Innovationsentwicklung verhindern, ausbleiben bzw. entschärft werden.
Auf den ersten Blick erscheinen die Einstellungen der verschiedenen Prozessleitbilder zu Projektgegenstand, Projektverlauf und Steuerung, zu Risiken und erfolgsbestimmenden Ressourcen, zu Akteuren und Prozessziel und zu Analyse, Reflexion und Planbarkeit so unterschiedlich und zum Teil gegensätzlich, dass unbedingt Möglichkeiten zur Bewältigung der daraus entstehenden Schwierigkeiten, gefunden werden müssen.

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